Wanderrouten im Praxistest
Das
Erzgebirge rühmt sich mit 5000 Kilometer Wanderwegen. 108 Routen werden
in der Broschüre "Pure Wanderlust" angepriesen. 210 Tester haben sich
in diesem Sommer auf die Socken gemacht - Lust und Frust erlebt. Ihre
Bilanz.
von uns getestete Wanderrouten
Johanngeorgenstadt und Rabenberg
Artikel in der Freien Presse vom 15.09.2014
von Gabi Thiele
Annaberg-Buchholz
- 70 Prozent der Wandertouren im Erzgebirge verdienen das Prädikat gut
bis sehr gut. 30 Prozent weisen dagegen Mängel auf. Das ist das Fazit
eines in diesem Jahr erstmals durchgeführten Wanderwegetests, zu dem der
Tourismusverband Erzgebirge aufgerufen hatte. Hinter der Idee steckte
die Frage: Entsprechen Wege und Touren den Vorstellungen der Wanderer,
und wo gibt es Nachbesserungsbedarf? "Das Echo war enorm", berichtet
Doreen Burgold, Sprecherin des Verbandes. 210 Tester wollten sich in
ihrer Freizeit beteiligen. Fast alle machten sich in der Folge mit der
Familie, Freunden oder einem Wanderverein auf die Socken.
Auf den
Prüfstand sollten jene 108 Touren, die in der Broschüre und im Internet
unter "Pure Wanderlust" beschrieben sind. "Die Routenvorschläge stammen
von den Kommunen. Wir vermarkten sie jedes Jahr, wissen aber nicht im
Detail, wo es möglicherweise Schwachstellen und damit Ärger bei
Touristen gibt", sagt Burgold. "Wenn eine Kommune sagt, wir haben eine
tolle Tour, muss das der Wandergast nicht auch so sehen." Angesichts des
großen Interesses habe man viele Strecken sogar zweimal testen können.
Und: Die Prüfer sind dort unterwegs gewesen, wo sie sich nicht so gut
auskennen, also fernab von ihrem Wohnort.
Tester mit viel Engagement
Ausgerüstet
mit der Routenbeschreibung, die man sich auch als Datei aus dem
Internet herunterladen kann, ging es um insgesamt 16 Prüfkriterien: Ist
die Beschilderung eindeutig und ausreichend? Ist der Ausgangspunkt gut
zu finden? Für welche Zielgruppen ist die Tour geeignet? Gibt es
Rastplätze, Aussichten, Einkehrmöglichkeiten, Wanderparkplätze,
ÖPNV-Haltepunkte? Auch die Beschaffenheit der Wege wurde unter die Lupe
genommen.
"Die meiste Kritik gab es im Bezug auf den Startpunkt.
Die Leute wissen zwar, in welchem Ort ihre Tour beginnt, suchen aber oft
lange nach der ersten Markierung", berichtet Anke Eichler vom
Regionalbüro Altenberg des Tourismusverbandes. Was gar nicht gut ankomme
sei, wenn Wanderwegeabschnitte auf Straßen verlaufen. "Auch lange,
eintönige Wege wollen die Leute nicht. Sie suchen Abwechslung,
Ausblicke, interessante Informationen unterwegs. Für Kinder darf es
ruhig auch ein bisschen abenteuerlich sein", berichtet Anke Eichler nach
Auswertung aller Fragebögen. Was mehrfach moniert wurde, sei die
fehlende oder nicht mehr sichtbare Markierung an Wegegabelungen. Gerade
dort sei sie aber extrem wichtig.
Diese Erfahrung machte auch
André Stummer aus Bärenstein, der sich als Tester nach
Johanngeorgenstadt und von dort ins Naturschutzgebiet Kleiner Kranichsee
mit seinem Hochmoor begab. Er hatte sich die Tour vorher auf sein
GPS-Gerät geladen und konnte so immer sehen, ob er mit seiner Familie
noch auf dem richtigen Weg war. "An einer entscheidenden Stelle fehlte
die Beschilderung, und wir schlugen dort die falsche Richtung ein. "Zum
Glück sah ich das bald auf meinem GPS-Navi."Ansonsten sei es eine tolle
Tour gewesen, auch mit schönen Ausblicken. Nur der Einstieg am Platz des
Bergmanns sei nicht gleich zu finden gewesen.
Auf den Spuren von Sportlern
Viel
Lob gab es für die neun Sportler-Touren in Oberwiesenthal, berichtet
Anke Eichler. Sie sind nach Oberwiesenthaler Wintersportlern benannt.
Jede Route hat eine eigene Nummer und eine spezielle Farbmarkierung. Im
Ort gibt es große Info-Tafeln, wo der Verlauf der Sylke-Otto-,
Tatjana-Hüfner-, Jens-Weißflog-, Erich-Frenzel-, Barabara-Petzold- und
der anderen Promi-Touren aufgezeigt wird. "Solche thematischen Wege, zu
denen auch Bergbautouren, Lieder- und Planetenwege gehören, haben
besonders gut abschnitten", sagt Sprecherin Burgold.
Der
Wanderwegetest sucht deutschlandweit seinesgleichen. "Wir kamen auf die
Idee, nachdem wir im vergangenen Jahr aufgrund von Beschwerden nach dem
Juni-Hochwasser einen Radwegetest durchgeführt haben. Da kamen 31 der 47
durch uns vermarkteten Touren auf den Prüfstand wegen Unstimmigkeiten
mit Angaben in unserer Broschüre ,Zweiradliebe'."
Die jetzt
ausgewerteten Kritiken wurden zum Großteil bereits den 37 beteiligten
Kommunen übermittelt. "Wir erwarten, dass sie die Mängel abstellen und
werden das auch prüfen, wenn wir die Touren für die nächste
Wanderbroschüre 2015 zusammenstellen", so die Sprecherin.
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